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Bei Jesus in der Schule des Lebens

 

Sind Sie eigentlich gerne zur Schule gegangen? Ich persönlich habe sehr durchwachsene Erinnerungen an meine Schulzeit. Zunächst ist man ja ganz stolz, in die Schule gehen zu dürfen. Aber dann beginnt sozusagen "der Ernst des Lebens", und Schule artet in Arbeit aus: Hausaufgaben... Vokabeln lernen... – also mir hat es nicht immer Spaß gemacht.

Es hat auch lange gedauert, bis ich begriffen habe, dass das Lernen zum Leben gehört und dass man damit nie zu Ende kommt. "Nicht für die Schule, sondern fürs Leben lernen wir" – diesen Spruch konnte ich auf Deutsch und auch auf Lateinisch schon daherplappern, lange bevor ich ihn verstanden habe. Wir lernen fürs Leben: Wir lernen Lesen, damit wir Straßenschildern folgen können. Wir lernen Rechnen, damit wir unsere Bankauszüge kontrollieren können. Wir gehen in die Lehre, um ein Handwerk zu erlernen. Wir studieren an der Universität, um Rechtsanwalt oder Arzt zu werden. Wir machen eine Weiterbildung, um den steigenden Anforderungen unseres Berufes gewachsen zu sein. Wir schulen um, weil wir in unserem alten Beruf keine Zukunft haben. Wir machen den Führerschein, den Segelschein, den Angelschein.

Wir lernen aber nicht nur für das Leben: Wir lernen auch vom Leben. Wir lernen vom Leben, dass nicht alle unsere Wünsche und Hoffnungen in Erfüllung gehen. Wir lernen unsere geistigen und körperlichen Grenzen kennen. Wir lernen uns anzupassen. Wir lernen vom Leben das, was in Prediger 3 ausgedrückt ist: "Ein jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde: geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit; ... weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit; klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit."

So lernen wir für das Leben und vom Leben. Und jetzt möchte ich eine Frage stellen, die unser Leben entweder schon drastisch verändert hat oder drastisch verändern kann:

Lernen wir auch von Jesus?

Wir haben vielleicht schon viel über Jesus gelernt: Dass er der Sohn Gottes ist. Dass er am Kreuz für uns gestorben ist. Dass er vom Vater auferweckt wurde und zu seiner Rechten sitzt, um zu richten die Lebenden und die Toten. Das alles haben wir vielleicht über Jesus gelernt – und noch vieles mehr.  Aber trotzdem nochmals die Frage: Lernen wir nicht nur über Jesus, sondern auch von Jesus? Ist es überhaupt wichtig, von Jesus zu lernen? Genügt es nicht, dass wir wissen:  Er vergibt unsere Sünden, er starb für uns, wir glauben an ihn?

Wer die Bibel mit offenen Augen liest, der weiß, welche eminente Bedeutung  die Lehre Jesu und das Lernen von ihm für die erste Christenheit  hatte. Und die Aufforderung, von ihm zu lernen, kommt ja von Jesus selbst. "Nehmet auf euch mein Joch und lernet von mir" (Mt.11,29), sagt er seinen Jüngern. Selbst seine ärgsten Feinde gestehen ihm den Titel "Rabbi" zu, was ja "Lehrer" bedeutet. Und auch das Wort "Jünger" heißt nichts anderes als "Schüler", auch wenn wir uns lieber Jünger Jesu nennen als Schüler Jesu.

Und sie gingen nach Kapernaum; und gleich am Sabbat ging er in die Synagoge und lehrte. Und sie staunten über seine Lehre. Denn er lehrte mit Vollmacht und nicht wie die Schriftgelehrten.  (Mk.1,21)

Der berühmte Hindu Mahatma Ghandi hat einmal gesagt, er hätte von keinem Menschen mehr gelernt als von Jesus. Ohne die Bergpredigt wäre das revolutionäre Werk dieses Pazifisten nicht denkbar. Ghandi hat nicht in unserem Sinne an Jesus geglaubt, aber er hat von Jesus gelernt. Und das, was er gelernt hat, genügte, um die halbe Welt zu verändern. Sollte uns das nicht nachdenklich stimmen? Wir beten um eine geistliche Erneuerung unseres Landes, unserer Stadt, ja, auch unserer Gemeinde. Und das müssen wir  auch, denn Gott erhört Gebet, und Gott will gebeten sein. Wir beten. Aber lernen wir auch?

Über Jesus müssen wir nicht mehr viel lernen. Aber wollen wir etwas von Jesus lernen? Oder haben wir keine Zeit mehr, von Jesus zu lernen? Gibt es für uns Wichtigeres als von Jesus zu lernen? Ist uns das Lernen zu mühsam? Oder haben wir gar Angst davor, bei Jesus in die Schule zu gehen? Vielleicht sagt er uns ja Dinge, die wir gar nicht hören wollen. Lernen ist nicht immer schön. Wachstum, auch geistliches Wachstum, tut manchmal weh. Reifungsprozesse sind oft mit Konflikten und mit Krisen verbunden. Das haben Schüler Jesu zu allen Zeiten so erfahren müssen.

Bei Jesus in der Schule des Lebens – das ist das zentrale Thema. Ich bin nämlich der festen Überzeugung, dass wir uns, was immer wir auch tun, der Schule Jesu nicht entziehen können.

Von Viktor Frankl stammt der Satz, dass nicht wir das Leben befragen, sondern dass das Leben uns befragt. "Warum?", frage ich, "warum geschieht mir dies, warum muss ich dies erleiden? Warum bin ich jetzt in diese Krise geraten? Warum bin ich krank geworden? Warum muss ich sterben?" –

"Nein", sagt Frankl. "Die Fragestellung ist falsch. Darauf gibt es keine Antwort. Vielmehr befragt das Leben dich." Das Leben fragt, um Gott dann sagen zu können, wie du darauf reagierst. – Ich komme in eine Krise. Wie antworte ich darauf: Mit Flucht? Mit Panik? Oder mit Gottvertrauen und Mut? – Ich werde krank. Wie antworte ich darauf? Mit Anklagen gegenüber Gott? Mit Bitterkeit? Oder mit Geduld und mit Hoffnung auf den, der heilen kann? – Ich stehe vor dem Tod. Wie antworte ich darauf: mit Auflehnung? Mit Hass und Neid denen gegenüber, die noch weiterleben dürfen? Oder mit Dankbarkeit für das gelebte Leben, mit Freude und mit gespannter Erwartung auf das, was mich nun bei Gott erwartet?

Das Leben befragt uns, ich könnte aber genauso gut sagen: Gott befragt uns. Das Leben ist die Schule, und Gott stellt die Fragen. In einem Gedicht von Julius Sturm heißt es:

Über Nacht, über Nacht kommt Freud und Leid,
und eh du's gedacht, verlassen dich beid
und gehen dem Herrn zu sagen, wie du sie getragen.

Das Leben befragt uns – Gott befragt uns – im Großen wie im Kleinen, im Erfreulichen wie im Unerfreulichen. Er schenkt mir Gesundheit: Was mache ich damit? Nutze ich sie nur für mich selber? Oder setze ich sie zum Wohle anderer ein? – Gott lässt Blumen erblühen. Gehe ich achtlos an ihnen vorüber? Oder kann ich mich an ihnen freuen? – Gott gibt mir Gaben. Lasse ich sie in mir schlummern? Oder begreife ich sie als Aufgaben, als Frage Gottes an mein Leben? "Das alles habe ich dir geschenkt, mein Lieber – Was ist deine Antwort darauf? Das alles habe ich dir zugemutet – Wie hast du es ertragen?"

Wir können uns also  – wie gesagt – der Schule Jesu nicht entziehen, denn es ist die Schule des Lebens, es ist unsere ganze Lebenssituation. Natürlich kann man in der Schule auch schwänzen, seine Hausaufgaben nicht machen, und überhaupt sehr desinteressiert sein oder heimlich Comics unter dem Tisch lesen. Das ist nicht der Sinn der Schule. Aber das kennen wir ja auch von uns selber: dass wir immer wieder mal am Sinn des Lebens vorbei leben. Dass wir unsere Zeit nicht richtig nutzen. Dass wir nicht immer liebevoll handeln. Dass wir Gott und einander manches schuldig  bleiben.

Es könnte sein, dass ich mit dem bisher Gesagten manchen unter uns beschwert habe. Das Bild vom Leben als Schule löst sicher nicht nur positive Gefühle aus, sondern kann uns schnell ein schlechtes Gewissen bereiten. Vielleicht hat das schlechte Gewissen einen guten Grund. Wenn Gott daraus zu uns spricht und uns im Herzen erreicht, dann haben wir vielleicht wieder ein Klassenziel erreicht, um in unserem Bild zu bleiben. Es kann aber auch sein, dass wir uns zu Unrecht ein schlechtes Gewissen machen. Dann nämlich, wenn wir meinen, im Leben keine Fehler machen zu dürfen.

Aber überlegen wir einmal: Wenn wir keine Fehler machen dürften – welchen Sinn hätte dann die Schule? Nein – es gehört zum Schülersein, dass wir Fehler machen. Und zwar unser ganzes Leben lang. Das Leben ist ein Übungsfeld. So wie ein Pianist viele, viele Fehler macht bis er zur Meisterschaft kommt, so auch wir in unserer Lebensschule. Entscheidend ist, dass wir nicht aufgeben, dass wir unser Leben lang in der Nachfolge Jesu bleiben. Ja, selbst da, wo wir das Lernen von Jesus aus den Augen verloren haben (es soll ja Christen geben, die meinen, sie wüssten alles und könnten alles...) selbst da, wo wir uns aus Überheblichkeit oder aus Egoismus weit von unserem Lehrer entfernt haben, können wir zurückkommen und uns wieder anmelden bei ihm.

Warum tut Gott eigentlich nicht alles selber? Er könnte es doch viel besser als wir! Das ist so wie mit einer Klassenarbeit oder den Hausaufgaben. Das könnte der Lehrer ja auch besser als seine Schüler. Aber diese Welt scheint eben nicht dazu da zu sein, dass Gott etwas lernt, sondern dass wir etwas lernen... –

In der Schule Jesu gibt es nicht nur Stress. Es gibt auch Zeit zum Entspannen, Zeit zum Feiern. Jesus hat mit seinen Jüngern nicht nur gearbeitet, sondern auch fröhlich gefeiert. Er war kein Asket, sondern hat sie auch gelehrt zu genießen. Seine Schüler durften auch Angst haben und auch Zweifel. Er hat sie deswegen nicht verstoßen. Er hat sie vielmehr gelehrt, ihre Sorgen auf ihn zu werfen, seine Nähe zu suchen. Und der zweifelnde Thomas ist auch nicht ausgeschlossen worden aus der Gemeinschaft. So kann er schließlich seine Hand in Jesu Wunden legen und mit ihm ein erneuertes Leben in der Nachfolge beginnen. –

"Bei Jesus in der Schule des Lebens”, das ist unser Thema. Und dazu ein letzter Gedanke:

Wird Gott uns einmal gebrauchen können in seiner neuen Welt?

Diese Frage stelle ich deshalb, weil sie auf einen Grundgedanken in der Lehre Jesu hinweist. Jesus lehrt uns nämlich, das Leben nicht nur aus dem Gegenwärtigen zu begreifen, sondern aus dem Zukünftigen. Einer Zukunft, die über unser Leben hinausweist. Eine Zukunft, die beginnt, sobald wir uns in seine Schule begeben. Wird Gott uns einmal gebrauchen können in seiner neuen Welt? Jesus sagt: Diese Welt ist eine Vorbereitungszeit auf eine neue Welt. Gott hat auch im ewigen Leben Aufgaben für uns. In Offb. 2 (V.26) heißt es: "Wer überwindet und hält meine Werke bis ans Ende, dem will ich Verantwortung geben." In Mt. 25 (V.21) sagt Jesus: "Du bist über Wenigem treu gewesen, ich will dich über viel setzen."

Die Bibel ist ja erfrischend zurückhaltend, wenn sie vom ewigen Leben spricht. Wie wollte man das Himmlische auch in irdische Worte fassen! Aber soviel steht fest: Ewigkeit um Ewigkeit nur auf einer Wolke sitzen und Hosianna singen, das ist nicht das Bild, das die Bibel von der zukünftigen Welt zeichnet. "Ererbt das Reich, das euch bereitet ist" (Mt.25,34), sagt Jesus. Und als Erben des Reiches (wie immer das aussieht) wird uns Gott gebrauchen zu Taten der Liebe, der Zuwendung, des Friedens. Auch dieses Reich gilt es "zu bebauen und zu bewahren", wie es Gottes Auftrag an den Menschen im Paradies ist. In der Schule Jesu aber lernen wir alles, was nötig ist, damit er uns in seiner neuen Welt Verantwortung übertragen kann. Gott kann niemanden gebrauchen, der sich dieser Schule entzieht. Er kann jeden gebrauchen, der bereit ist, von ihm zu lernen, egal wo er auch in seiner Entwicklung steht.

Wer darf in die Schule Jesu gehen?

Jeder Mensch darf in die Schule Jesu gehen – ob groß oder klein, ob arm oder reich, ob intellektuell oder praktisch veranlagt. Wir werden nicht miteinander verglichen. Gott misst einen jeden ausschließlich an den Möglichkeiten, die er ihm mitgegeben hat.

Jesu bedingungslose Liebe zu uns gibt jedem Menschen die Möglichkeit, die exklusivste Schule zu besuchen, die man sich denken kann. Ihr Lehrer ist Jesus selber. Und hier, hier in diesem Gebäude, aber auch zu Hause und am Arbeitsplatz können wir uns vorbereiten auf Gottes wunderbare neue Welt. Ist das nicht eine Herausforderung, für die es wert ist, alles zu geben?

Laßt uns lernen von Jesus! Denn sein Joch ist sanft. Und seine Last ist leicht.

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